Verankerung und Zielsetzung:

Die vorliegende Aufgabe kann im Mathematikunterricht der Einführungsphase (EF) in der gymnasialen Oberstufe genutzt werden. Hierbei kann anknüpfend an das Bestimmen von Nullstellen bzw. Lösen von Polynomgleichungen (Inhaltsfeld Funktionen und Analysis, vgl. KLP NRW SII, S. 25) der Umgang mit verschiedenen digitalen Werkzeugen reflektiert werden (vgl. ebd. S. 23 f.). Darüber hinaus wird dabei aber auch die Funktionsweise eines solchen digitalen Werkzeugs näher erläutert sowie der Unterschied zwischen Künstlicher Intelligenz bei der Bilderkennung und klassischen Algorithmen bei der Lösung der Gleichungen herausgearbeitet (vgl. ebd. S. 17). Zudem findet eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit des Einsatzes digitaler Werkzeuge statt.

Durch eine Adaption der Aufgabe 1 (nur quadratische Gleichungen) ist auch der Einsatz in Klasse 10 sinnvoll (Inhaltsfeld Arithmetik/Algebra, vgl. KLP NRW SI, S. 32/33).

Möglicher Unterrichtsverlauf:

Im Vorfeld der Bearbeitung dieser Aufgabe sollte das Berechnen von Nullstellen ganzrationaler Funktionen im Unterricht bereits ausführlich besprochen und eingeübt worden sein. Insbesondere sollte thematisiert worden sein, welches Verfahren für welche ganzrationale Funktion sinnvoll eingesetzt werden kann. Als Verfahren werden das Ablesen, das Ausklammern sowie die Substitution vorausgesetzt. Es bietet sich an, die durchzuführende Unterrichtsstunde durch eine vorbereitende Hausaufgabe (A1) vorzuentlasten. Dann ist für die Bearbeitung und Besprechung der Aufgabe eine 45-minütige Unterrichtsstunde vorgesehen. Alternativ kann für eine kürzere Bearbeitungszeit ohne vorbereitende Hausaufgabe Aufgabe 1 arbeitsteilig von den SuS bearbeitet werden. Die SuS sollten bereits im Vorfeld dazu aufgefordert werden, die gewünschte App (z.B. Photomath) auf ein digitales Endgerät herunterzuladen und dieses zum Unterricht mitzubringen. 

Erläuterung der Aufgaben:

Aufgaben 1 und 2 dienen dazu, die App und ihr Potential hinsichtlich des Lösens von Potenzgleichungen kennenzulernen. Hierbei sollen die SuS den eigenen Lösungsweg mit den Lösungsschritten der App vergleichen und so zu einer ersten Einschätzung kommen, inwiefern die App für sie selbst bzw. das Lösen der mathematischen Aufgaben hilfreich sein kann.  Die Unterrichtsstunde kann zeitlich dadurch entlastet werden, dass Aufgabe 1 von den SuS als vorbereitende Hausaufgabe bearbeitet wird. Damit wird das Lösen von Potenzgleichungen mithilfe verschiedener Verfahren, die zunächst sinnvoll ausgewählt werden müssen, vertieft/geübt. In der eigentlichen Unterrichtsstunde kann der Fokus dann auf die App gelegt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die SuS mit dem Lösen von Gleichungen bereits vertraut sind.  Aufgabe 3 zielt auf den Aufbau eines ersten Grundverständnisses des Begriffs „künstliche Intelligenz“ ab. Hierbei findet eine Abgrenzung zu Algorithmen statt und es wird deutlich, was man unter KI versteht. Je nach Vorwissen der SuS im Bereich KI kann hier eine individuell unterschiedliche vertiefte Auseinandersetzung mit weiteren zentralen Begriffen (machine learning, deep learning, neuronale Netze) stattfinden.  Für viele SuS ist es überraschend, dass für das Lösen der mathematischen Aufgaben gar keine KI notwendig ist, was in Aufgabe 4 thematisiert wird. Die deutlich größere Leistung der App steckt hinter der Bilderkennung, hierbei kommt KI zum Einsatz, während die Lösung der mathematischen Probleme auf „einfachen“ Algorithmen beruht. In diesem Zusammenhang kann in einer Besprechung der Aufgabe darauf eingegangen werden, dass für Computer häufig leicht ist, was uns Menschen schwerfällt (lange und komplizierte Rechnungen), während manche Aufgaben, die uns besonders leichtfallen (einen Gegenstand greifen), bisher kaum von Maschinen bewältigt werden können, auch nicht durch künstliche Intelligenz. Ggf. bietet sich an dieser Stelle zudem eine kurze Diskussion über den Begriff der Intelligenz im Allgemeinen an. Darüber hinaus soll in Aufgabe 5 die Nutzung der App beurteilt werden: Die Unterschiede zu CAS bzw. GTR werden erarbeitet und es ist zu beurteilen, wann die App sinnvoll eingesetzt werden kann und ob eine rechnerische Bestimmung von Nullstellen im Mathematikunterricht überhaupt von Nutzen ist. Die SuS setzen sich damit auseinander, ob eine „ökonomische“ (vgl. Meißner, 2006) Herangehensweise ohne Kenntnisse über die mathematischen Hintergründe und Strukturen beim Bestimmen von Nullstellen eine alternative Möglichkeit für den Mathematikunterricht darstellt.

Durch geringfügige Veränderungen der Aufgabenstellungen lässt sich die Aufgabe auch an andere mathematische Themenbereiche der EF anknüpfen. Denkbar wäre beispielsweise eine Anknüpfung an das Bestimmen von Ableitungsfunktionen. (Die App kann ggf. neben der Ableitung nach Ableitungsregeln ebenfalls detaillierte Lösungsschritte für eine Bestimmung der Ableitungsfunktion mithilfe des Differentialquotienten anzeigen.) Anpassungen der Aufgabenstellung müssten dann lediglich bei Aufgabe 1 durchgeführt werden. Durch Anpassung der Aufgabe 2 hingegen wäre es denkbar, die durch die App vorgeschlagenen Lösungsverfahren auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen.

Bei allen Vorhaben wurde die App "Photomath" verwendet, die zumindest in den Grundfunktionen kostenfrei war. 

Quellen und Hintergrundliteratur: