Einführung


Das Konstrukt der exekutiven Funktionen bezieht sich auf kognitive Kontrollprozesse, die zu den geistigen Grundfähigkeiten des Menschen zählen. Diese Fähigkeiten sind Teil des Entwicklungsprozesses von Kindern und Jugendlichen und haben einen großen Einfluss auf die Selbstregulationsfähigkeit einer Person. Im Vergleich zu anderen kognitiven Fähigkeiten dauert die Entwicklung exekutiver Funktionen relativ lange an: Es kann davon ausgegangen werden, dass sich bis ins frühe Erwachsenenalter große Entwicklungssprünge des exekutiven Systems ereignen (Kubesch & Walk, 2009).

Das exekutive System lässt sich in drei Bereiche aufteilen: Inhibition, kognitive Flexibilität und Updating (Miyake et al., 2000).

Inhibition, kognitive Flexibilität und Updating

  • Inhibition ist die Fähigkeit, impulsives oder auch automatisiertes Verhalten zu kontrollieren und zugunsten einer situationsangemessenen Reaktion zu unterdrücken. Besonders gefragt wird die Inhibitionsfähigkeit z. B. dann, wenn man sich trotz äußerer Störreize (z. B. Lärm) auf eine Aufgabe konzentrieren muss.
  • Kognitive Flexibilität beschreibt die Fähigkeit, sich schnell auf neue, wechselnde Situationen und Anforderungen einstellen zu können und sich diesen anzupassen. Kognitive Flexibilität wird bspw. Schüler/innen abverlangt, wenn sie im Unterricht schnell von einer Aufgabe zur nächsten „switchen“ müssen.
  • Updating[1] ist die Fähigkeit, Informationen kurzfristig im Arbeitsgedächtnis zu speichern und mental weiterzuverarbeiten. Diese Fähigkeit wird z. B. beim Kopfrechnen benötigt.

Exekutive Funktionen sind für die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie das Lernen von besonderer Bedeutung. Nach aktuellen Studien ist davon auszugehen, dass sie ein zuverlässigerer Prädiktor für Schulleistungen sind als beispielsweise der IQ (Diamond et al., 2007). Auch bestehen Auswirkungen auf die Kooperations- und Teamfähigkeit. Der positive Einfluss eines gut ausgebildeten exekutiven Systems erstreckt sich somit nicht nur auf kognitiver, sondern auch auf sozial-emotionaler Ebene.


Exekutive Funktionen durch Bewegung fördern

Exekutive Funktionen lassen sich gezielt fördern. Forschungsbefunde der so genannten Exercise Neuroscience bestätigen, dass Bewegung einen besonders positiven und lernförderlichen Effekt auf das exekutive System hat (Barenberg et al., 2011, Best et al., 2011). Eine bewegungsbasierte Lernförderung ist sowohl auf kurzfristige als auch auf langfristige Sicht hin in allen Altersklassen möglich (Best, 2010). Bewegung, Spiel und Sport können damit als Schlüssel zur individuellen Lernförderung angesehen werden.

Heute ist zudem bekannt, dass Bewegungsinterventionen insbesondere dann einen positiven Lerneffekt haben, wenn der Sport nicht nur körperlich anstrengend ist, sondern gleichzeitig ein gewisses Maß an kognitivem Anspruch aufweist. Auch eine im Rahmen von Kooperationen zwischen Schulen und der Universität Münster durchgeführte Studie mit sportdidaktischer Ausrichtung (Boris, 2015) zeigt, dass gezielt zugeschnittene Bewegung im Sportunterricht das exekutive System und gleichzeitig die Mathematikleistung begünstigen kann. In anderen Studien werden darüber hinaus Effekte in den Bereichen Lesen und Schreiben berichtet (Cutting et al., 2009).

Physische Aktivität für die Lernförderung zu nutzen, ist in Anbetracht des hohen Aufforderungscharakters von Bewegung, Spiel und Sport von besonderem Belang für Schule und Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen (Beck et al., 2011a; Beck et al., 2011b; Kubesch et al., 2011; Diamond, 2012).



[1] Begriffssetzung: Man findet sowohl den Begriff „Updating“ als auch den Begriff „Arbeitsgedächtnis“ für die Fähigkeit Informationen kurzfristig zu speichern und weiterzuverarbeiten. Für beide Verwendungen gibt es Gründe, die nachvollziehbar sind, wobei im vorliegenden Unterrichtsvorhaben der Begriff „Updating“ gesetzt wird, weil dies besser den von der Schülerin/dem Schüler geforderten Prozess zu beschreiben scheint.