Textgenerierende KI-Anwendungen (z.B. ChatGPT) in Schule und Unterricht
-
KI-Anwendungen im Unterricht: Anregungen und Beispiele
-
Welche Konsequenzen kann die textgenerierende KI-Anwendung für die Entwicklung von Textkompetenzen der Schülerinnen und Schüler haben?Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Befunde darüber, welche Auswirkungen der Einbezug von textgenerierenden KI-Anwendungen auf die Ausbildung von grundlegenden Schreibkompetenzen hat. Auch wenn der Einschätzung, dass Schreibfähigkeit vor allem durch das eigene Tun entwickelt wird, sicherlich zuzustimmen ist, greift eine direkte Ableitung negativer Konsequenzen zu kurz. Gerade mit Blick auf Schülerinnen und Schüler, die ggf. mehr individuelle Unterstützung benötigen, müssen die Nutzungsmöglichkeiten einer textgenerierenden KI-Anwendung weiter reflektiert werden (z. B. individuelle Nachfragen zum Textverständnis, Scaffolding, unterschiedliche Schwierigkeitsgrade von Texten im Unterricht). -
Kann KI den Lernprozess auch unterstützen?
Ein lernförderlich gestalteter Einsatz von KI kann dazu beitragen, Sprach-, Schreib- und Beurteilungskompetenzen zu erweitern. Hier gilt es, den Einsatz im Sinne der fachlichen und überfachlichen Kompetenzen (z. B. der Medienkompetenzen bzw. der digitalen Schlüsselkompetenzen der Berufskollegs) didaktisch auszugestalten. So lassen sich z. B. die von der KI erstellten Texte auf Richtigkeit, Konsistenz, Machart etc. untersuchen. Ebenso ist die Arbeit an sachlicher Richtigkeit oder an Argumenten möglich.
Scaffolding: Neben der Unterstützung bei der Bearbeitung von Texten kann KI auch in weiteren Bereichen individuelle Hilfestellungen während des Lernprozesses geben. So ist es zum Beispiel möglich, sich bei einer Internetrecherche Texte vereinfachen oder übersetzen zu lassen. Zudem können sich die Lernenden Sachverhalte noch einmal erläutern und Nachfragen dazu beantworten und passende Beispiele oder Analogien suchen lassen.
Erstellung von Übungsmaterial: Eine textgenerierende KI kann Selbsttests erstellen, um damit zu kontrollieren, ob die Schülerinnen und Schüler die Inhalte eines Textes richtig wiedergeben können. Diese Lückentexte, MultipleChoice-Tests oder auch Fragen mit Antwortvorschlägen können später zur Wiederholung und Übung dienen. Die Quizformate könnten zum Beispiel auch in Lernmanagementsysteme, wie z. B. LOGINEO NRW LMS-Kurse eingefügt und als Übungsmöglichkeit für die Klasse oder den Kurs bereitgestellt werden.
Die festgelegten Bewertungskriterien für ein Lernprodukt können mithilfe der KI für ein jederzeit verfügbares, zeitnahes formatives Feedback genutzt werden. Dabei ist für Schülerinnen und Schüler deutlich, dass es sich um eine Rückmeldung mit dem Ziel der Justierung des Lernprozesses und nicht um eine Leistungsbewertung handelt, weil die Lehrperson nicht unmittelbar an der Rückmeldung beteiligt ist. Notwendig ist dafür, dass die Kriterien für die Schülerinnen und Schüler nicht nur transparent, sondern auch verständlich sind, um mit dem Ergebnis sinnvoll weiterarbeiten zu können.
KI-generierte Texte können im Unterricht in mehrfacher Hinsicht als Diskussionsgrundlage bzw. als Diskussionsgegenstand genutzt werden. Einerseits können sie zum Brainstorming, zur ersten Orientierung und Strukturierung oder zur Sammlung von Argumenten dienen, andererseits muss aber auch immer über die Entstehung des Inhalts gesprochen werden. Da die Texte auf der Basis eines KI-basierten Sprachmodells erstellt werden, ist die Richtigkeit nicht zwangsläufig gegeben. Lernende müssen angeleitet werden, die Inhalte zunehmend eigenständig mit ihrem Vorwissen abzugleichen. Zudem sind die durch die KI erstellten Texte auch unter einer Werteperspektive zu betrachten, denn Werte, Normen und ethische Aspekte spielen bei der Erstellung des Textes durch die KI keine Rolle.
-
Kann ich mit den Schülerinnen und Schülern Regeln vereinbaren, wie die Nutzung von KI in Texten gekennzeichnet werden kann?
Sofern die Schülerinnen und Schüler freiwillig textgenerierende KI-Tools nutzen, müssen sie diese selbstverständlich als Quelle angeben, denn nur so kann die Lehrkraft feststellen, welche Leistung der Lernenden erbracht hat und diese Leistung beurteilen. Zurzeit wird im Wissenschaftsbereich an Zitierregelungen gearbeitet, die KI als Quelle angeben. Daran angelehnt könnte im schulischen Kontext eine Regelung für die Angabe der Nutzung folgendermaßen aussehen:
„Bei der Herstellung dieses Textes [oder wahlweise Bildes oder des Programmiercodes etc.] wurde X [=Name des KI-gestütztes Werkzeugs] eingesetzt. Mit folgenden Prompts [= Anweisungen oder Fragen an die KI] habe ich die KI gesteuert: 1. ______, 2. ______.“
Der Vorteil dieser Art von Angabe ist, dass die Lehrkraft damit beurteilen kann, wie weitreichend der Einsatz der KI war. Ebenso lässt sich auch beurteilen, wie kompetent die Schülerin bzw. der Schüler den Einsatz der KI gesteuert hat. Dazu sollte der von der KI erstellte Text beigefügt werden.
Wie gehe ich damit um, wenn Schülerinnen und Schüler die KI nutzen, dies aber nicht angeben?
Es gelten hierzu wie bisher die allgemeinen Grundsätze zum „wissenschaftlichen“ Arbeiten und zur Leistungsbewertung: Sofern externe Hilfen verwendet werden, sind solche vollumfänglich kenntlich zu machen. Dies gilt auch für die Nutzung einer KI-Anwendung. Mithilfe einer textgenerierenden KI erstellte Texte sind schlechter als solche erkennbar als beim „copy-and-paste“ aus Websites oder Texten, weil nicht immer der gleiche Text generiert wird. Streng genommen handelt es sich damit dann auch nicht um ein Plagiat, sondern um die Nutzung einer Anwendung zur Erstellung eines Textes. Inwiefern es technisch gelingen wird, eine verlässliche Software zu entwickeln, die KI-generierte Texte nachweisen kann, lässt sich zurzeit nicht abschließend einschätzen. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass eine solche Software eher als Trainingsgelegenheit für ein KI-System zur Weiterentwicklung herangezogen würde.
Auch wenn es sich nicht um Plagiate im eigentlichen Sinne handelt, handelt es sich bei Nichtangabe, dass der Text oder Teile aus diesem mithilfe einer KI erzeugt wurden, um eine Täuschung über die Autorenschaft. Sofern die Verwendung von KI bei der Aufgabenstellung explizit ausgeschlossen wurde, handelt es sich zudem um die Verwendung eines unzulässigen Hilfsmittels und einen Täuschungsversuch. Bei Aufgaben, die nicht vor Ort in der Schule unter Aufsicht durchgeführt werden, haben die Lehrkräfte – wie bisher auch – immer die Möglichkeit, den Grad der Eigenleistung von Schülerinnen und Schülern zu überprüfen: Lehrerinnen und Lehrer verfügen in diesem Zusammenhang über ein hohes Maß an professioneller Erfahrung und können in der Regel in Unterrichtsgesprächen erkennen, ob Schülerinnen und Schüler Produkte, die sie zu Hause angefertigt haben und der Leistungsüberprüfung dienen sollen, eigenständig oder mit unzulässiger Hilfe erledigt haben. Ebenso wie Aufgaben im häuslichen Umfeld bisher nicht mit Hilfe Dritter erstellt werden durften, dürfen diese nicht mit einem technischen Hilfsmittel erbracht werden, welches nicht adäquat angegeben wird. Dabei geht es auch darum, Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, ihnen gestellte Lernaufgaben (auch die in der Regel nicht zu benotenden Hausaufgaben) selbständig zu erledigen und etwaige Hilfsmittel und Quellen korrekt anzugeben.
Sollte es zu Täuschungshandlungen oder anderen Unregelmäßigkeiten kommen, ergibt sich das Verfahren aus den Grundsätzen der Leistungsbewertung (§ 48 SchulG) und den jeweils einschlägigen Vorschriften der Prüfungsordnungen (insbesondere § 6 Absatz 7 APO-SI, § 13 Absatz 6 APO-GOSt, § 20 APO-BK).
Um solche Situationen, die sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte belastend sind, zu vermeiden, sollten die Aufgaben bereits präventiv möglichst so gestellt werden, dass sie nicht ausschließlich mit Hilfe von KI erledigt werden können.
-
Wie kann ich Aufgaben stellen, die weniger dafür anfällig sind, dass sie ausschließlich von einer KI erledigt werden?
Bei hinreichend komplexen Fragestellungen ist zu erkennen, dass die im ersten Schritt von einer textgenerierenden KI-Anwendung erstellten Texte nicht zwangsläufig den Anforderungen entsprechen. Meist sind mehrfache, sehr gezielte Nachfragen und ein entsprechendes Fachwissen notwendig, um für die gestellte Aufgabe angemessene Texte erstellen zu lassen. Diese Art der Steuerung zu trainieren und zu beherrschen, ist perspektivisch eine wichtige den Schülerinnen und Schülern zu vermittelnde Kompetenz.
Es ist möglich, die Lernenden durch herausfordernde, interessante Aufgaben zum eigenständigen Bearbeiten zu motivieren und aufzuzeigen, warum eigene, selbständige Schreiberfahrungen wichtig sind, um die Qualität fremder und eigener Texte reflektiert beurteilen zu können. Die Thematisierung dieser Perspektive kann vor allem im vertrauensvollen Miteinander von Lehrkraft und Lernenden gut gelingen.
Alle genannten Aspekte werden dazu beitragen, dass Lern- und Leistungsaufgaben weiterentwickelt werden müssen. Bereits jetzt ist es sinnvoll, bestehende Formate zur Überprüfung der Lernleistungen so zu kombinieren, dass sie den Arbeitsprozess der Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen und weniger anfällig dafür sind, allein durch den gezielten Einsatz von KI bearbeitet zu werden.
Für Projekt- oder Facharbeiten kann das z. B. bedeuten, einen eigenen, individuellen Forschungsauftrag empirischer Natur oder Versuchsreihen einzubeziehen, die auf die spezifische Unterrichtssituation bezogen sind (siehe auch weiter unten: individuelle Bezüge). Auch der Begleitung des Arbeitsprozesses kommt eine wesentlich größere Bedeutung zu. Im Gespräch mit dem oder der Lernenden wird deutlich, inwieweit er oder sie sich mit dem Inhalt auseinandergesetzt hat. Zusätzlich kann eine abschließende Präsentation mit einem Gespräch über die Arbeit verdeutlichen, dass die Leistung von der Schülerin oder dem Schüler eigenständig erbracht bzw. KI-gestützt erarbeitete Textstellen nicht unreflektiert übernommen, sondern als solche gekennzeichnet wurden.
Im Unterricht ist es notwendig, die Lernenden durch kreative, herausfordernde und lebensweltbezogene Aufgaben, die Öffnung von Lernarrangements und die Realisierung von Peer-Ansätzen zu motivieren und anzuleiten, ihren Lernprozess mitzugestalten. Wesentliche Impulse für einen lernförderlichen Unterricht in der digitalen Welt finden sich im Impulspapier II.
Stellschrauben für die Weiterentwicklung von Aufgaben
Werden individuelle Bezüge in die Lern- und Leistungsaufgaben einbezogen, kann die KI diese nicht ohne Weiteres berücksichtigen, sodass eine Eigenleistung der Lernenden notwendig ist. Ist beispielsweise eine Umfrage in der Klasse, ein Experiment, eine Kartierung, eigene Datenerhebung, das eigene Hobby, ein selbst gewählter Schwerpunkt mit Bezug zum Wohnort oder der Vergleich mit der Darstellung eines Mitschülers oder einer Mitschülerin enthalten, können KI-Textgeneratoren die Aufgabe nicht vollständig übernehmen. Zusätzlich kann es zur Motivation der Lernenden beitragen, wenn ein Thema unter einer individuellen, selbst gewählten Perspektive bearbeitet werden kann.
Ein Format- oder Medienwechsel in der Aufgabe führt dazu, dass Lernende ihre Erkenntnisse eigenständig umsetzen müssen. So kann die KI zwar Ideen für die Erstellung eines Plakates, eines Erklärvideos, eines Podcasts, Songs oder Standbildes geben, die geeignete Umsetzung und damit die Auseinandersetzung mit den Inhalten muss jedoch durch die Lernenden erfolgen. Zudem kann man so auch argumentative Kompetenzen bei den Lernenden fördern, indem sie verstärkt dazu aufgefordert werden, ihre eigenen Entscheidungen, Analyse oder Formate zu begründen.
Formatives Assessment - d. h. Beobachtung, Rückmeldung bzw. Feedback begleitend zum Erarbeitungsprozess - kann darüber hinaus dazu beitragen, die Eigenständigkeit der erbrachten Leistungen zu sichern. Zudem fördert es die Motivation und die Akzeptanz der Lernenden, eigene Texte zu verfassen, wenn sie anhand wiederholter individualisierter und zeitnaher Rückmeldungen immer weiter verbessert werden können. Statt mehrere, immer neue Texte für den Unterricht zu verfassen, werden weniger, dafür bessere, mehrfach überarbeitete Texte produziert. Die Lehrperson kann sich bei ihrer Rückmeldung auf wesentliche Aspekte beschränken. Ebenso führt der kontinuierliche Feedback-Kontakt zwischen Lehrperson und Schülerin oder Schüler dazu, dass das Einfügen längerer Textteile, die einer KI entstammen, unwahrscheinlicher wird.
-
Beispiele und weitere Anregungen
Die folgende Sammlung von Beispielen und weiteren Anregungen dient als Unterstützung für Lehrerinnen und Lehrer in Nordrhein-Westfalen und bietet Impulse und Informationen für KI-Anwendungen im Unterricht. Die Liste ist nicht abschließend, sondern stellt eine erste Orientierung dar. Sie enthält neben staatlichen Angeboten auch private Angebote. Dabei ist immer zu prüfen, ob die unterschiedlichen Angebote dem Alter und dem Lernstand der Schülerinnen und Schüler entsprechen und eingesetzt werden können. Beachten Sie hierzu auch den Runderlass zur Zulassung von Lernmitteln.
Zulassung von Lernmitteln
in Nordrhein-Westfalen
Beispiele
Fach Sachunterricht
Jahrgangsstufen: 3. / 4. Klasse
Einen Alltagsalgorithmus im Rahmen des Unterrichtsvorhabens Coding
Fach Deutsch
Jahrgangsstufe: 8. Klasse
Kann und darf ich KI bei der Erstellung meiner Hausaufgaben nutzen?Eine Analyse einer von Chat GPT erstellten Argumentation zu dieser FragestellungFach Spanisch
Jahrgangsstufen: Q1 / Q2
Tagebucheintrag (diario) im Rahmen des Unterrichtsvorhabens „Latinoamérica: El desafío de la pobreza infantil“
Fach Englisch
Jahrgangsstufen: EF / Q1 / Q2
Unterrichtsbeispiele zur Nutzung von ChatGPT im Englischunterricht
Fach Informatik
Jahrgangsstufen: EF / Q1 / Q2
Unterrichtsbeispiele zur Nutzung von ChatGPT im Informatikunterricht
Fach Wirtschaftsinformatik
(BK: Kaufmännische Assistenten für Informationswirtschaft)
Jahrgangsstufen: 12
Erstellung einer Anwendung mit HTML und Javascript mit Hilfe von ChatGPT zur Eingabekontrolle der GTIN-13 (Global-Trade-Item-Number) durch ihre Prüfziffer
GTIN13 Validator
Weitere Anregungen für den Unterricht
-